Simulation der Stimulation von Gehirnarealen mittels tDCS
Mit über 250.000 Fällen pro Jahr ist der Schlaganfall eine der häufigsten Erkrankungen in Deutschland. Bei einem Schlaganfall kommt es neben der direkten Schädigung der Hirnstruktur auch zu funktionellen Veränderungen des Gehirns, die ihrerseits unter Anderem zu motorischen Defiziten nach dem Schlaganfall beitragen.
Zum Ausgleich dieser motorischen Defizite ist die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) ein vielversprechender therapeutischer Ansatz. Bei diesem Verfahren werden Patienten schwachen elektrischen Strömen in Größenordnungen von ein bis zwei Milliampere über zwei oder mehrere nicht invasiv auf der Kopfhaut angebrachte Elektroden ausgesetzt, mit dem Ziel die Erregbarkeit bestimmter Hirnareale zu beeinflussen (Nitsche, et al. 2004).
Die große Herausforderung besteht in der Heterogenität der Erkrankung Schlaganfall bezüglich der Läsion, der neurologischen / neuropsychologischen Ausfälle sowie der Erholungstrajektorie. Eine für jeden Patienten individuelle Prädiktion der Funktionserholung könnte dazu beitragen, Schlaganfallpatienten besser zu stratifizieren und zugeschnittenen Therapien zuzuführen.
In dem Kooperationsprojekt zwischen dem Max Planck Institut für Kognitions- & Neurowissenschaften und der HTWK Leipzig sollen für eine derart komplexe Erkrankung wie dem Schlaganfall, erste Schritte unternommen werden, die weniger geeigneten allgemeingültigen Ansätze in eine individualisierte tDCS-Behandlung geleistet werden.
Die vorhandene tDCS-Simulationspipeline als Grundlage gliedert sich das Projekt in drei Teilschritte. In ersten Schritt soll der Effekt pathologischer Veränderungen des alternden Gehirns auf die tDCS untersucht werden. Zentraler technische Bestandteile sind hierbei die Modellierung dieser Veränderungen und deren Integration in die Simulation. Die Ergebnisse aus diesem Arbeitspaket sollen es bereits ermöglichen, Maßnahmen für praktische tDCS Behandlungen abzuleiten, um Alterseffekte besser berücksichtigen zu können. In der zweiten Projektphase ist geplant, zwei Elektrodensetups, die in vorangegangene Studien positive Effekte auf motorische Defizite bei Schlaganfallpatienten gezeigt haben, zu simulieren und zu vergleichen. Hauptaufgabe in diesem Schritt wird die Verfeinerung des Elektrodenmodells sein. Aufgabe des letzten Schritt soll es dann sein, aufbauend auf den Ergebnissen der vorangegangenen Teilschritte, eine vollständige Individualisierung der Elektrodenlokalisation zur Stimulation gewünschter Zielregionen im Gehirn jedes einzelnen Patienten zu ermöglichen. Es soll ein heuristisches Verfahren entwickelt werden, um eine optimale Positionierung der Elektroden individuell bestimmen zu können. Auf diese Weise kann der Stimulationseffekt für jeden Patienten individuell in der gewünschten Zielregion gesteigert und so der Behandlungserfolg der tDCS allgemein verbessert werden. Den Abschluss soll die Entwicklung eines Konzeptes bilden, wie diese vollständig individualisierte Simulation für die Verwendung in der Tagesklinik am Max Planck Institut aufgegriffen werden kann.
Die Überprüfung der gefundenen Heuristiken in weiterführenden Studien sowie die Umsetzung des Konzeptes zur Einführung der Individualisierung der Elektrodensetups in den Behandlungsalltag können kurzfristig bzw. langfristig an diese Arbeit ansetzende Aufgabenstellungen sein.